Leuterod steht eine große Baumaßnahme bevor:
Unsere Hauptstraße, von Ötzingen auskommend, bis zum Ortsaugang Richtung Wirges, wird komplett erneuert. Neben der Oberfläche werden sämtliche Versorgungsleitungen neu hergestellt. Unser vorhandener Mischwasserkanal wird nach den Vorgaben der SGD – Nord, durch ein Trennsystem ersetzt. Dies wurde bereits in einer öffentlichen Sitzung erläutert. Durch einen separaten Regenwasserkanal werden zukünftig die Oberflächenwässer nicht mehr zur Kläranlage geleitet, sondern direkt dem Vorfluter, unserer „Aubach“, zugeführt. Damit der Bach bei einem Starkregen nicht überlastet, wird der Einleitstelle ein Regenrückhaltebecken (RRB) vorgeschaltet.
Im Normalfall fließt das Regenwasser in einer offenen Mulde ungehindert in den „Aubach“. Findet ein Starkregenereignis statt, wird die Hauptwassermenge durch den Drosselschacht im Becken zurückgehalten und nach Abklingen der Niederschläge kontinuierlich wieder dem Bach zugeführt.
Das RRB ist ein Erdbecken, ähnlich wie das unterhalb des Wohngebietes „Kastanienring“. Wäre kein Zaun notwendig, würde man im fertigen, wieder bewachsenen Zustand, das Bauwerk fast nicht wahrnehmen.

Trotzdem handelt es sich bei dem RRB um eine Baumaßnahme, die nach den Auflagen der Oberen- und Unteren- Naturschutzbehörde betrachtet werden muss.
Ein spezialisiertes Ingenieurbüro wurde beauftragt, einen „Vereinfachten Fachbeitrag Naturschutz“ zu erstellen.
Über Monate wurde der Bestand von Flora und Fauna aufgenommen und bewertet. In einer Eingriffs-/ Ausgleichbilanzierung wurde ein Kompensationsbedarf nach einem festgelegten Punktesystem ermittelt.
Ergebnis:
Durch die SGD – Nord werden folgende Ausgleichmaßnahmen festgesetzt:
- Anpflanzung einer Obstbaumreihe entlang eines Wirtschaftsweges („Viehtrifft“) und Entwicklung eines Saums unterhalb der Bäume.
- Errichtung und Pflege von Vogelniststätten
- Extensive Mahd mit festgesetzten Mahdzeitpunkten auf einer angrenzenden Fläche, mit Vorkommen des Großen Wiesenknopfs, zum Schutz des Hellen und Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings.
Die ersten beiden Punkte sind selbsterklärend.
Kommen wir zum Ameisenbläuling und Wiesenknopf.

Der Wiesenknopf ist eine einheimische Pflanze, auf extensiv genutzten Wiesen.
Der Ameisenbläuling ist eine Schmetterlingsart mit einem sehr speziellen Fortpflanzungsverhalten.
Die Eiablage erfolgt ausschließlich in die noch nicht aufgeblühte Knospe des Blütenstandes des Wiesenknopfs. Hierin entwickeln sich die Raupen und fressen diese von innen her auf.
Nach einiger Zeit lassen sie sich fallen und werden dann von einer ebenfalls speziellen Wirtsameise eingesammelt und in deren Bau verschleppt. Hier verbringen sie den Winter, fressen die Ameisenlarven und scheiden im Gegenzug ein zuckerhaltiges Sekret aus. Nach dem Verpuppen schlüpfen im Frühjahr die fertigen Schmetterlinge aus dem Ameisenbau.

Der Wiesenknopf fängt Mitte Juni an zu blühen. Um nun zu verhindern, dass potenziell abgelegte Schmetterlingseier bei einem möglichen Baubeginn vernichtet werden, wurde die Vergrämungsmahd angeordnet.
Die Baufläche wurde am 10. Juni zum ersten Mal gemäht, also vor Blütenbeginn. Ab jetzt erfolgt dies in einem zweiwöchigen Rhythmus.
Zeitgleich werden die nördlich gelegenen Parzellen stehen gelassen.
Hier kann sich der Wiesenknopf fertig entwickeln. Die vom Baufeld vergrämten Ameisenbläulinge änden dann hier die Eiablagemöglichkeit.
Eine landwirtschaftliche Nutzung dieser Flächen ist dann erst wieder erlaubt, ab dem 16. September bis zum 15. November und im darauffolgenden Frühjahr, zwischen dem 15. März und dem 31. Mai.
Die Maßnahmen sind so lange aufrechtzuerhalten, bis das zukünftige RRB wieder bewachsen ist, natürlich auch mit dem Wiesenknopf.
P.S.:
Wir danken dem Landwirt, der seine Flächen (alles biozertifzierte Wiesen) aus der Bewirtschaftung dafür hergibt.
Ralf Quirmbach
(Ortsbürgermeister)